Nicht nur Lavendel und Flamingos 
Eine Rundfahrt durch die Provence  

6. Teil:  

Avignon 



19. bis 21. Juli
Hotel Novotel Avignon Centre 

Von Aix-en-Provence sind wir nicht direkt nach Avignon gefahren. Wir haben einen Umweg gemacht, um die Lavendelfelder der Provence zu sehen. Darüber schreibe ich im nächsten und letzten Bericht über unsere Provence-Fahrt. Und über den Ausflug zur Pont du Gard, das Aquädukt aus römischer Zeit, das man gesehen haben muss, wenn man in Südfrankreich ist.

Jetzt zunächst der Bericht zu Avignon.


Avignon
90.000 Einwohner.
Am Zusammenfluss von Rhone und Durance nördlich von Arles und Marseille gelegen. Die Rhone entspringt im Schweizer Kanton Wallis und fließt durch den Genfer See. Bei Marseille mündet der Fluss in das Mittelmeer. Die Rhone ist der wasserreichste Fluss Frankreichs. Das Quellgebiet der Durance ist in den französischen Westalpen in der Nähe der italienischen Grenze. 
Hauptstadt des Department Vaucluse, Region Provence-Alpés-Coté d’Azur.
Stadt der Päpste von 1309 bis 1376. 

Geschichte
Die Geschichte von Avignon ist die Geschichte der Provence. Aus römischer Zeit sind allerdings wenige Spuren geblieben. Nach der ersten Jahrtausendwende gehörte Avignon wie die gesamte Provence zum römisch-deutschen Kaiserreich (1032). Die Rhone bildete im Westen die Grenze zwischen der römisch-deutschen Grafschaft Provence und dem französischen Königreich. 

Im 12. Jahrhundert war Avignon eine sich selbst verwaltende Stadtrepublik (beginnend im 11. Jahrhundert entstanden insbesondere in Oberitalien viele selbständige Stadtrepubliken). In der Zeit entstand der erste Mauerring um die Stadt und die St.-Bénézet-Brücke wurde gebaut. Der Stadtstaat bestand nicht lange. 1226 eroberte der französische König die Stadt. 

1309 wählte der 1305 zum Papst gewählte Bischof von Bordeaux, Clemens V., zunächst ein Dominikanerkloster vor den Toren von Avignon als Papstresidenz. 

Der Nachfolger von Clemens V., Johannes XII., war zuvor Bischof von Avignon und zog in den Bischofspalast in Avignon ein.  Dessen Nachfolger, Benedikt VII., genügte der Bischofspalast nicht und er ließ 1335 einen ersten Papstpalast an der Stelle des Bischofspalastes errichten. Seine Nachfolger vergrößerten den Papstpalast ab 1342 beträchtlich. 

1348 entstand der Kirchenstaat. Papst Clemens VI. kaufte die zur Grafschaft Provence gehörende Stadt Avignon von der Königin von Neapel, die auch Gräfin der Provence war. Das Umland von Avignon, die Grafschaft Comtat Venaissin, gehörte den Päpsten schon seit 1274. Sie hatten die Region durch Erbschaft von den Grafen von Toulouse erhalten. 

1376 ging der letzte Papst des Avignonesischen Papsttums, Gregor XI., wieder nach Rom. Für die Rückkehr der Päpste nach Rom hatten sich u.a. die später heiliggesprochenen Katharina von Sienna und Brigitta von Schweden eingesetzt. 

Allerdings residierte schon 1 Jahr später wieder ein Papst in Avignon, Gegenpapst Clemens VII. und später Gegenpapst Benedikt XIII.. Das Abendländische Schisma mit zwei und mehr Päpsten gleichzeitig begann. Erst das Konzil von Konstanz beendete 1418 das Schisma. 


Das abendländische Schisma bezeichnet die Zeit konkurrierender Papstansprüche innerhalb der lateinischen Kirche (römische Kirche, auch als Westkirche bezeichnet) von 1378 bis 1417. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Morgenländischen Schisma, das 1054 zur dauerhaften Trennung der orthodoxen und der katholischen Kirche (Ostkirche und Westkirche) führte.

 

Als der nach Rom zurückgekehrte Papst Gregor XI. starb, forderten die römischen Adelsfamilien die Wahl eines Römers zum Papst. Mit Urban VI. wurde dann zwar kein Römer, aber wenigstens ein Italiener Papst. Um sich abzusichern, erweiterte Urban VI. das 16-köpfige Kardinalskollegium um 29 neue Kardinäle. Dagegen protestierten die bisherigen Kardinäle, wurden doch die Einkünfte des Kollegiums jetzt auf mehr Köpfe verteilt. Sie erklärten Urban VI. für geisteskrank und wählten 1378 Robert von Genf zum Papst Clemens VII.. Frankreich, Schottland und Spanien erklärten Clemens VII. zum rechtmäßigen Papst. Der deutsche Kaiser Karl IV. unterstützte weiter Urban VI.. 

Die Stadt wurde von dem Papsttum wesentlich geprägt. Die Einwohnerzahl stieg beträchtlich an. Mit den Mitgliedern der Kurie und deren Mitarbeitern kamen Kaufleute, Bankiers und Handwerker in die Stadt. Der große Papstpalast beherrscht das Stadtbild. Die Stadtmauer jener Zeit (um die historische Altstadt, Intra-muros) ist noch heute erhalten. Neue Kirchen und Klöster entstanden. Der Papsthof wurde einer der glanzvollsten Höfe seiner Zeit. 

Nach dem Wegzug der Päpste wurde der Kirchenstaat (Avignon und die Grafschaft Venaissin) von einem päpstlichen Gesandten verwaltet. Mit der französischen Revolution wurde das päpstliche Gebiet eingezogen. Avignon wurde die Hauptstadt eines neu geschaffenen Departements. 

Unter Napoleon III. erfolgte eine städtebauliche Umgestaltung. Wie in Paris durch den Präfekten und Stadtplaner Baron Hausmann kam es auch in der Altstadt von Avignon zu Straßenverbreiterungen und Neuanlagen von Plätzen und Parks. 


Festival von Avignon

Seit 1947 findet jedes Jahr im Juli das Festival von Avignon mit zahlreichen Theater-, Tanz- und Gesangsvorführungen statt. In diesem Jahr, 2024, war es vom 29. Juni bis 21. Juli. Wir haben die letzten Tage noch erlebt. Avignon ist wegen des Festivals berühmt, es ist aber nicht das einzige Kulturereignis in der Provence. Auch Arles und Aix-en-Provence haben ihre Festivals.


Überall in der Stadt werben Musikgruppen, Schauspieler und Plakatträger für eine der mehr als 1000 Veranstaltungen der über 100 Spielstätten während des Festivals, hier für das Théatre de l'Ange in der Rue des Teinturiers


Im "Stundentakt" folgt eine Veranstaltung auf die andere
im Theater Chapelle du verbe incarnè in der Rue des Lices





Ähnlich ist es in den anderen Theatern:

Plakatwand vor dem Aumone Générale:


Über 130.000 Besucher kommen jedes Jahr zum Festival nach Avignon.



Stadtrundgang

Rundgang Avignon
Die Ziffern entsprechen denen im Text

Das bedeutendste Gebäude in Avignon ist der Papstpalast. Hier beginnen wir auch unseren Stadtrundgang (1). Wir gehen dann zur Kathedrale und dem Felsvorsprung über der Rhone, dem Rocher des Doms (4).  Über den Papstpalast-Vorplatz und den Rathausvorplatz führt unser Weg zurück in Richtung unseres Hotels (A) und dann in großem Bogen durch die Stadt, Canale de Vaucluse ((18), Karmeliter-Kloster (22),  Basilika Saint-Pierre (26) und wieder in Richtung unseres Hotels. Zum Schluss folgen wir der Stadtmauer bis zur Pont Saint-Bénezet (B).

Die nachfolgende Beschreibung weicht von dem Rundgang wegen thematischer Zusammenfassung etwas von der Reihenfolge des Rundgangs ab.


Der Place du Palais


So groß wie der Papstpalast ist auch der Vorplatz. Im Mittelalter wurde er angelegt, nachdem die Papst-Truppen bei der Belagerung des Gegenpapstes die bestehenden Gebäude dem Erdboden gleich gemacht hatten. Der Platz wird eingerahmt von der Kathedrale, dem Papstpalast, dem Gebäude der Bank von Frankreich, der päpstlichen Münzprägeanstalt und dem Kleinen Palast. Über dem Platz erhebt sich das Felsplateau Rocher des Doms.

(1) Papstpalast

Der Palais de pape war zwischen 1314 und 1376 die Residenz der Päpste und 1378 bis 1429 zweier Gegenpäpste. 

Hauptteil des Papstpalastes

Eingang des Papstpalastes

Papstpalast mit dem Palast-Platz und der goldenen Statue über der Kathedrale

Platz vor dem Palast in Richtung Palais der Banque de France

Platz vor dem Palast in Richtung Petit Palais

Ein Dominikanerkloster als erste Papstresidenz

Der erste Papst in Avignon war Clemens V., 1305 in Lion zum Papst gewählt. Er beschloss, wegen anhaltender Unruhen nicht in Rom zu residieren. Nach unterschiedlichen Aufenthalten wählte er ab 1309 das Dominikanerkloster in der Grafschaft Comtat Venaissin als Papstresidenz. Das Kloster gibt es heute nicht mehr, es wurde nach der französischen Revolution abgerissen. 

Der Bischofspalast wird die nächste Papstresidenz

Der Nachfolger von Clemens V., Johannes XII., wurde nach zweijähriger Vakanz 1316 gewählt. 


So lange dauerte die Wahl des neuen Papstes. Erst nachdem der französische König die Kardinäle im Kloster von Lyon hatte einmauern lassen, gelang die Wahl. 

Johannes XII. war zuvor Bischof in Avignon. Nach seiner Wahl zum Papst bestimmte er den Bischofspalast als Papstresidenz. Dazu wurde der Palast umgebaut und vergrößert. 

Neubau des Papstpalastes

Dem nächsten Papst genügte der erweiterte Bischofspalast nicht. Er ließ ihn 1335 abreißen und durch einen vierflügeligen Palast ersetzen. Das ist jetzt der alte Teil (Palais vieux, Bauzeit 1334 - 1342) des heutigen Papstpalastes. Ab 1342 wurde der Palast durch weitere Neubauten (Palais neuf, Bauzeit 1342 - 1370) verdoppelt. 

Es war einer der größten Paläste seiner Zeit. Der Palast hat nach Außen die Architektur eines Festungsbaus, mit Pechnasen und Schießscharten zur Verteidigung. Im Inneren ist er als Schloss mit großen Repräsentationssälen gestaltet. Der größte Saal des Schlosses ist der Speisesaal. Es gibt mehrere Kapellen, zum Teil noch mit erhaltenen mittelalterlichen Fresken (in den oberen Wandteilen - die darunter befindlichen Teile wurden während der französischen Revolution abgeschlagen und verkauft). 


Nachdem die Päpste Avignon wieder verlassen hatten, verlor der Palast seine Bedeutung und verfiel allmählich. Legate verwalteten bis 1770 den Papstbesitz. 


Die Bevölkerung der Stadt sank auf weniger als die Hälfte, auf etwa 15.000, blieb aber ein wichtiges Handelszentrum. 

Während der französischen Revolution wurde der Palast gestürmt und ein Gefängnis für die Feinde der Revolution eingerichtet. Das kirchliche Tafelsilber wurde für die Unterstützung der Armen einkassiert. Im 19. Jahrhundert wurden Teile des Papstpalastes in eine Kaserne umgewandelt.  Seit 1947 werden die Palasträume für Ausstellungen genutzt. 

Eine kleine Gartenanlage ist direkt von den Gemächern des Papstes zugänglich, der Jardin du Pape. 

Rundgang durch den Papstpalast:

Der Cour d'Honneur - Ehrenhof - im Papstpalast.
Hier begann 1947 das Festival d'Avignon.

Der Kreuzgang - Gebaut wie eine Burg

Mit mächtigen Treppen

Mit mächtigen Mauern

Bis 1900 wurde der Palast als Kaserne genutzt.
Danach begann die Sanierung.
(altes Foto im Palast)

Originalzustand
und neue Nutzung

So groß wie der Palast war,
so lang waren die vielen Gänge.

Kapelle Saint-Jean
mit Fresken aus dem Jahr 1346

Grand Tinel - Großer Speisesaal - 
für die Empfänge und Feste des Papstes 

Kapelle Saint-Martial
mit Ausmalungen von 1345 
mit Szenen aus dem Leben des Heiligen Martial

Der Schornstein der Küche
(mit einem Bild - im gesamten Palast sind Kunstausstellungen)

Raum der Gewänder
So bezeichnet, weil die Wände mit Wandteppichen und Textildekorationen ausgekleidet waren. Es war das Vorzimmer zu der Wohnung des Papstes.

Sammlung von Fliesen des Papstpalastes aus dem 14. Jahrhundert

Aufgang zur Wohnung des Papstes

Zimmer in der Wohnung des Papstes

Hirschzimmer in der Wohnung des Papstes

Detail der Ausmalung - Die Fresken entstanden 1343

Abgang von der Wohnung zur Nordsakristei

Nordsakristei

Details der Nordsakristei

Die große Kapelle, 1351 in der Zeit von Clemens VI. fertiggestellt.

Portal der Großen Kapelle

Südsakristei  - Vestitarium (Kleiderkammer)
Hier zogen sich der Papst und die Kardinäle während der Zeremonien um. Jetzt sind dort die Grabmale aufbewahrt: 
Clemens V. - Clemens VI. - Urban V. - Innocent VI.

Der Palast-Garten - Hauptsächlich ein Küchengarten

Eine Akanthus 
Die haben wir schon im Forum Romanum in Rom gesehen


(2) Cathédral Notre-Dame-des Doms

Der Papstpalast und die Kathedrale stehen auf einem Felsvorsprung über der Rhone, dem Rocher des Doms.
 

Die Kathedrale ist der Sitz des Erzbischofs von Avignon. Im 4. Jahrhundert wurde ein Bistum begründet, das von 1475 bis zur französischen Revolution und dann wieder ab 1822 den Status eines Erzbistums erhielt. 

Die Kathedrale stammt aus dem 12. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert wurde das Kirchenschiff von Papst Johannes XXII. um die Seitenkapellen erweitert. Auf dem Westturm ist eine vergoldete Bleistatue der Jungfrau Maria angebracht. Papst Johannes XXII. ist in einem Mausoleum mit gotischen Schnitzereien in der Kathedrale beigesetzt. Ebenfalls in der Kathedrale beigesetzt wurde Papst Benedikt XII.

Während der französischen Revolution wurde die Kathedrale ein Gefängnis. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die stark zerstörte Kirche erneuert. 

Die Kathedrale neben dem Papstpalast

Vom Papstpalast aus gesehen:
Die goldene Statue der Jungfrau Maria

Kathedrale mit der goldenen Marien-Statue
und auf dem Vorplatz Christus am Kreuz von Engeln umgeben
Das Hauptschiff der Kathedrale

Eingangsraum

Taufbecken

(3) Petit Palais

Der Kleine Palast an der Nordseite des Place du Palais wurde 1317 als Kardinalspalast gebaut. Der bisherige Bischofspalast war zum Papstpalast geworden. Während des Abendländischen Schismas wurde der Kardinalspalast belagert und stark zerstört. Im 15. Jahrhundert ließ der Bischof von Avignon, Della Rovere, den Kardinalspalast wieder herrichten.

 

Della Rovere war ein Neffe des amtierenden Papstes. Neben dem Bischofsstuhl von Avignon bekam er als Dank seines Onkels noch sieben weitere Bistümer. Später wurde Della Rovere als Julius II. selber Papst.

 

Seit 1976 ist in dem Palast ein Museum für Malerei und Skulpturen des Mittelalters und der Renaissance. 

(5) Münzprägeanstalt

Gegenüber dem Papstpalast befindet sich die ehemalige Münzprägeanstalt im Hotel des Monnaies. Der Bau wurde Anfang des 17. Jahrhunderts durch Kardinal Borghese in Auftrag gegeben. Borghese war Legat des römischen Papstes und verwaltete den Papstbesitz in Avignon. Der Papst bzw. der Kirchenstaat in Rom war noch Eigentümer der Stadt Avignon und der Grafschaft Venaissin (bis zur französischen Revolution, jetzt sind Avignon und die Grafschaft Venaissin Teil des Département Vaucluse).

 

Das aus dem frühen Mittelalter stammende Recht der Päpste, eigene Münzen zu prägen, nutzt der Papststaat in Rom heute auch zur Prägung von Euro-Münzen (auch Monaco und San Marino lassen Euro-Münzen prägen). Die Auflagenzahl der päpstlichen Euro- und Cent-Münzen ist aber gering, so dass ihr Sammlerpreis über dem Nennwert liegt. 


(6) Palais Calvet de la Palun

Die Stadtresidenz am südlichen Ende des Place du Palais wurde im 18. Jahrhundert für Calvet de la Palun gebaut. Später residierte hier die Banque de France. Ihr Name prangt noch über dem Torbogen. 2015 wurde in dem Gebäude das „Carré du Palais“, ein Weinrestaurant mit Cotes-du-Rhone-Weinen, eröffnet.

 

Avignon gilt als Hauptstadt des Cotes-du-Rhone Weins. Jedes Jahr wird der Start der Weinlese mit dem Ban des Vendanges gefeiert. Es ist das größte Volksfest in Avignon, immer am letzten Wochenende im August. Wir hätten länger in Avignon bleiben sollen. 


Palais Calvet

(4) Jardin des Doms

Auf dem Felsen Rocher des Doms ist im 19. Jahrhundert neben der Kathedrale die Gartenanlage Jardin des Doms im Stil englischer Landschaftsgärten als öffentlicher Park angelegt worden.

Wasserbecken im Park

Blick auf Fort Saint-André am rechten Rhone-Ufer
Das Fort wurde vor der Ankunft der Päpste in Avignon von den französischen Königen auf dem Gelände der Benediktinerabtei Saint-André errichtet. Die Festung sollte die Macht des Königreichs demonstrieren und verhindern, dass Avignon beide Ufer der Rhone kontrollierte.
Die Abtei Saint-André wurde im 10. Jahrhundert gegründet und besaß in Frankreich ausgedehnte Ländereien mit über 200 Kirchen.

Rückseite des "Denkmals für die Toten"
Im Hintergrund der Uhrenturm des Rathauses
Das Denkmal für die Toten "Monument aux morts de la guerre de 1914-1918" zeigt auf der Berg-Seite eine Frau, die vor einem toten Soldaten kniet. Auf der zur Stadt gewandten Seite ist eine weibliche Figur als Allegorie der Erinnerung abgebildet.


Der Place de Horloge

An den Platz vor dem Papstpalast schließt sich der Rathausplatz an. Zwischen ihnen steht der Palais Calvet. Benannt ist der Platz nach dem Uhrenturm des Rathauses, dem Horloge. 

Drei Schlüssel im Wappen der Stadt, Erinnerung an den Papst-Staat.
Gehalten wird das Wappen von zwei Adlern, die mit "unguibus et rostro", mit Krallen und Schnäbeln, die Stadt bewachen.

(8) Hotel de Ville

Mitte des 15. Jahrhunderts erwarb die Stadt Avignon von den Benediktinerinnen einen früheren Kardinalspalast für die Stadtverwaltung. Im 19. Jahrhundert ließ der Stadtrat das Gebäude umbauen und erweitern. Der Uhren-Turm des alten Palastes blieb erhalten. 

Straßenkunst vor dem Rathaus - es ist die Zeit des Avignon-Festivals

Der "Horlog" (Uhrenturm) des Rathauses

(7) Opéra d’Avignon


Neben dem Rathaus, Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut. An der Fassade sind zwei Medaillons angebracht. Das eine zeigt den „Bon Roi René“ (René I. d’Anjou, Graf der Provence) und das andere den Dichter Petrarca.    

Operngebäude

Medaillons "Bon Roi René" und "Petrarca"

Theater mit Karussell bei Tag und bei Nacht


Die Fortsetzung der beiden Plätze vor dem Papstpalast und dem Rathaus, in Richtung zu dem 1853 in Betrieb genommenen Bahnhof außerhalb der Stadtmauern, ist die Rue de la République. Sie ist eine der Hauptstraßen Avignons innerhalb der Stadtmauern und hieß zunächst Cours Bonaparte und dann Rue Petraque (Petrarca – der Dichter ist auch am Operngebäude verewigt). Die Straße wurde im 19. Jahrhundert gebaut. 

(28) Gare d’Avignon Centre

Der 1866 an der Bahnstrecke Marseille nach Paris eröffnete Bahnhof 

Die Stadtmauer von Avignon

Papst Clemens VI. entschied 1348, die Stadt wieder mit einer Verteidigungsanlage zu versehen. Vorausgegangen waren mehrere Angriffe von Söldnertruppen. Die alte Festungsanlage aus der Zeit der Stadtrepublik war bei der Belagerung der Stadt durch den französischen König 1229 zerstört wurde. Fertiggestellt wurde die neue Stadtmauer aber erst 1376, ein Jahr bevor der Papst wieder nach Rom ging. 

Die neue Stadtbefestigung umschloss eine Fläche von 150 Hektar und damit einen dreimal größeren Bereich als die alte Stadtmauer. Die mehr als 4 Kilometer lange Mauer hatte 12 Haupttore und eine Reihe von Verteidigungstürmen. Sie gilt als eine der besterhaltenen Stadtmauern in Europa. Gebaut wurde sie von der Stadt, nicht vom Papst. Finanziert wurde der Bau durch eine Steuer auf den in die Stadt gebrachten Wein und später auch auf Salz und andere Waren. 

Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die Stadtmauer teilweise erneuert und die Zahl der Tore auf sieben verringert. 

(29) Stadtmauer an der Rue Rempart Saint-Roch:

 

Stadtseite mit modernem Kunstwerk
und Außenseite


(30) Stadtmauer und Stadttor Porte Saint Roch:




(31) Am Porte du Rhone :



Innerhalb der Stadtmauer (Intra muros) sind noch etwa 130 Häuser aus dem 15. bis 18. Jahrhundert erhalten. Eines der erhaltenen Häuser ist der Palais du Roure. 


(11) Palais du Roure

Es ist das Stadtpalais der aus Florenz stammenden Familie Baroncelli-Javon, die in dem im 17. Jahrhundert umgebauten Haus fast 500 Jahre wohnte (1469 – 1908). In der Zeit des Legaten Julian della Rovere und späteren Papstes Julius II. wurden die Baroncellis eine der bedeutenden Familien in Avignon.

Eingang und Innenansicht

Den Namen Palais du Roure, Palast der Eiche, bekam das Haus von dem französische Schriftsteller Fréderic Mistral (warum?). Er war ein Förderer der provenzalischen Sprache und Mitbegründer der "Félibridge", einem Verein zur Bewahrung der Sprache und Kultur der Provence. Er schrieb die provenzalische Nationalhymne „La Coupo Santo“, das Lied vom heiligen Kelch. 

Seit 1959 ist das Gebäude im Besitz der Stadt, die hier ein Kulturzentrum einrichtete, das der Geschichte, Sprache und Tradition der Provence gewidmet ist. 


Aus der Zeit der ersten Stadtmauer stammt die Pont Saint Bénézet über die Rhone. Zur Zeit der Päpste bildete die Rhone die Westgrenze zwischen dem Kirchenstaat und dem Königreich Frankreich. 

(32) Pont Saint Bénézet

Vom Rocher des Doms hat man einen guten Blick auf die Brücke Saint Bénézet, die bis etwa zur Mitte der Rhone reicht. Es sind die Reste der Brücke über die Rhone aus dem 12. Jahrhundert mit ursprünglich 22 Bögen (4 Bögen sind noch erhalten). Seit 1660 ist die Brücke nach einem Hochwasser nur noch eine Ruine. 

Blick auf die Brücke vom Rocher des Doms 

Blick von der Brücke auf den Rocher des Doms

Zugang zur Brücke

In einem Pfeiler der Brücke wurde im 12. Jahrhundert eine Kapelle für den Leichnam des Heiligen Bénézet gebaut. Bénézet war ein Schäferjunge mit Visionen. 1274 wurde Bénézet heiliggesprochen und zu einem Stadtpatron von Avignon erhoben. Heute sind die Gebeine des Heiligen in verschiedenen Kirchen der Stadt verteilt. 
Über der Bénézet-Kapelle  wurde im 13. Jahrhundert eine zweite Kapelle errichtet, sodass sich seitdem eine zweigeschossige Doppelkapelle auf dem Brückenpfeiler befindet. Die zweite Kapelle war dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Patron der örtlichen Bruderschaft der Rhoneschiffer 

Der Brückenpfeiler mit den beiden Kapellen

Die obere Saint-Nicolas Kapelle

Die untere Saint-Bénézet Kapelle

 

Die Kirchen und das Festival d’Avignon

Seit 1947 gibt es das Festival d’Avignon als Theater-, Tanz- und Gesangfestival mit unzähligen Spielorten, im Papstpalast, in Kirchen, privaten Theatern und Hinterhöfen. 138 Spielstätten listet der Festspielplan dieses Jahres auf. Teilweise haben die Bühnen mehrere Veranstaltungen am Tag und Abend. Geworben wird mit Auftritten auf den Straßen und unzähligen Plakaten. 

Und durch das unglaublich große Angebot sind auch unglaublich viele Menschen in der Stadt. Wir hatten Avignon an das Ende unserer Rundreise gelegt, um dem Trubel zu entgehen. Geklappt hat das nicht, wir haben die letzten Tage des Festivals und ihre Menschenmengen erlebt. 

Die größeren Bühnen sind ehemalige und noch aktive Kirchengebäude. Und so haben wir bei unserem „Kirchen-Rundgang“ sehr oft Einladungs-Plakate für Festivalauftritte am Kircheneingang angetroffen.

 

Eine Anmerkung zu dem „Kirchen-Rundgang“. Die Geschichte von Ländern und Städten wird von Kirchen, Palästen und öffentlichen Gebäuden abgebildet. Das ist das, was aus früheren Zeiten geblieben ist und die Geschichte erzählt. Und darum sind es die vielen Kirchengebäude, auch hier in Avignon, die interessant und sehenswert sind. 


(9) Collégiale Saint-Agricol d‘Avignon

Stiftskirche, hinter dem Rathaus gelegen.  Ein erster Kirchenbau an dieser Stelle aus dem 7. Jahrhundert wird dem Bischof von Avignon, dem Heiligen Agricol (Bischof in Avignon im 1. Jahrtausend), zugeschrieben. Bei arabischen Überfällen wurde die Kirche verwüstet, wieder aufgebaut und im 15. Jahrhundert erweitert. Nach der Französischen Revolution war sie eine Zeit lang die Kathedrale von Avignon, als die Kathedrale Notre-Dame saniert wurde. 


Saint-Agricol

Die Treppe vor der Kirche diente als Zuschauerraum
für eines der Straßen-Bühnen während des Avignon-Festivals

(10) Chapelle de l'Oratoire

Unweit der Kirche Saint-Agricol. Mitte des 18. Jahrhunderts als Kirche der Société de l’oratoire de Jésus – Gesellschaft des Oratoriums von Jesus – errichtet.

 

Die Oratorianer waren/sind eine Priestergemeinschaft. Sie gehen zurück auf den Heiligen Philipp Néri (1515 – 1595), der die Oratoriums-Kongregation als Gemeinschaft von Predigern gründete. 

Chapelle de l'Oratoire

In der Französischen Revolution wurde die Priestergemeinschaft aufgelöst. Die Kirche diente als Munitionslager und wurde so vor der Zerstörung bewahrt. Seit 1825 finden wieder Gottesdienste statt und heute gehört die Kirche zur benachbarten Gemeinde Saint Agricol. Während des Avignon-Festivals ist der Kirchenraum ein Veranstaltungsort.


 (12) Musée Lapidaire

In der Papststadt ist vieles kirchlichen Ursprungs. So ist auch die archäologische Sammlung des Calvet-Museums in der Kapelle des Jesuitenkollegs aus dem 17. Jahrhundert untergebracht.

Die Sammlung ist aus dem Erbe Esprit Calvets entstanden, nach dem auch das Museum in der Rue Joseph Vernet benannt ist. 

Calvet-Museum am Abend

Der Kirchenraum als Sammlungsort

Mosaik "Befreiung Hesiones durch Herkules"
aus dem 3. Jahrhundert,  gefunden in einem ehem. Klosterkeller

Sarkophag des Quintus Julius Quintanus, Ende des 2. Jahrhunderts

(13) Saint-Martial

Einer der Veranstaltungsorte des Festivals d’Avignon.


Ganz früher stand hier der Palast der Könige von Mallorca, in dem Johanna I. von Anjou, Königin von Neapel und Gräfin der Provinz zeitweise wohnte. 

Das Königreich von Mallorca mit den Balearen-Inseln und Gebieten im  Osten von Spanien und im Süden von Frankreich war ein Teilreich der Krone von Aragón. Es bestand von 1229, als der islamische Stadthalter vertrieben wurde, bis 1715, als nach dem Spanischen Erbfolgekrieg Spanien ein zentralgelenkter Gesamtstaat wurde (Gibraltar und Menorca wurden damals britisch). 

In dem Palast wurde der Vertrag über den Verkauf von Avignon an Papst Clemens VI. unterzeichnet (1348). Papst Urban überließ den Palast den Benediktinern von Cluny im Tausch gegen das Kloster in Sorgues (nördlich von Avignon), um dort einen päpstlichen Palast zu bauen (1363). 

Saint-Martial

Die Benediktiner bauten um 1400 die Klosterkirche Saint-Martial. In der Französischen Revolution wurde das Kloster teilweise zerstört und anderen Nutzungen zugeführt.  

Anstelle des Klostergartens und des Kreuzgangs wurde der Square Agricol Perdiguier angelegt. Der Platz ist nach dem Schriftsteller und Politiker Agricol Perdiguier (1805 - 1875) benannt. 

Die verkleinerte Klosterkirche ging 1881 an die Reformierte Kirche. 


Die Reformierte Kirche und die Evangelisch-Lutherische Kirche schlossen sich 2012 zur Vereinigten Protestantischen Kirche Frankreichs zusammen. Die vereinigte Kirche hatte damals 272.000 Mitglieder (0,4 % der Gesamtbevölkerung), überwiegend Reformierte. Die Lutherischen Kirchen sind in den ehemaligen deutschen Gebieten (Elsass) präsent, im übrigen Frankreich die Reformierten. 

(14) Cloitre St. Louis

Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Klostergebäude für ein Noviziat (Vorbereitung zur Aufnahme in den Orden) der Jesuiten errichtet. Ein quadratischer Bau mit Galerien und Kreuzgewölben wurde um einen Innenhof angelegt. 

Klosterkirche


Jesuiten – Ordensgemeinschaft Jesu, 1540 von Ignatius von Loyola (Baske, geboren im Königreich Navarra) in Rom gegründet. Die Jesuiten wurden 1768 aus Frankreich verbannt. Dem Königreich missfiel die Gehorsamspflicht der Ordensmitglieder gegenüber dem Papst. Auf Druck des französischen Königs und der Könige von Spanien und Portugal hob der Papst 5 Jahre später den Orden auf. 1814 wurde der Orden vom Papst wieder zugelassen. Im preußischen Kulturkampf wurde er in Deutschland verboten (bis 1917). 

Innenhof

Teile des Klosters sind jetzt ein Hotel

Das Klostergebäude kam an den Dominikanerinnen-Orden und wurde nach der Französischen Revolution  ein Hospiz. 1987 wurde der Nordflügel des Klosters zu einem Hotel umgebaut. Andere Teile werden von der Stadt Avignon für Ausstellungen und für Hauptveranstaltungen des Festival d’Avignon genutzt. 


(15) Cloitre des Cölestiner

Das Kloster der Cölestiner (Celestiner) wurde 1389 von dem Gegenpapst Clemens VII. mit Unterstützung des französischen Königs gegründet.

 

Clemens VII. war der erste Papst des Abendländischen Schismas mit zwei und mehr Päpsten gleichzeitig. Er wurde von mehrheitlich französischen Kardinälen gegen den amtierenden Papst Urban VI. inthronisiert.

 

Die Cölestiner waren eine Unterabteilung des Benediktinerordens. Die Ordensgemeinschaft der Cölestiner wurde von Papst Coelestin V. Mitte des 13. Jahrhunderts gegründet. 

Die Klosterkirche wurde an der Grabstelle des späteren Stadtpatrons von Avignon, Kardinal Peter von Luxemburg (er wurde mit 15 Jahren Kardinal), errichtet. Der Bau dauerte bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts. 



Das Kloster wurde das reichste der Stadt. In der Kirche wurden neben dem Kardinal Peter von Luxemburg auch Papst Clemens VII. beigesetzt. Später wurden auch Reliquien des Stadtheiligen Saint-Bénézet in der Kirche verwahrt. 

Nach der Zerstörung in der französischen Revolution wurde der Sarg des Heiligen Bénézet (Benedikt von Avignon) und die Reliquien 1854 in die Kirche St. Didier überführt.

Der Kreuzgang gehört zu den Spielstätten des Avignon-Festivals. 


(17) Théâtre de la Chapelle du Verbe incarné

Eine der vielen kleinen Bühnen des Festivals d’Avignon.

Bis zur Französischen Revolution war das Theater die Kapelle des Klosters der Damen des fleischgewordenen Wortes. Der Orden wurde Mitte des 17. Jahrhunderts gegründet und widmete sich der Bildung junger Mädchen. Den Orden gibt es noch in Nord- und Südamerika. 


(19) Pénitents Gris d'Avignon

Die Chapelle Sainte Croix, Heiliges Kreuz, ist die Kirche der Bruderschaft der grauen Büßer. 




Schon in Aigues-Mortes in der Camargue sind wir auf die weißen und die grauen Brüder und deren Kapellen gestoßen. Auch hier in Avignon gibt es noch zwei (graue und schwarze Büßer) und früher viel mehr Bruderschaften. 

Die Grauen Büßer waren die erste der Bruderschaften in Avignon (1226).  Ihr Gründung geht auf eine Prozession des französischen Königs nach dem Sieg über die Häretiker in Avignon (die gegen die offizielle katholische Kirchenlehre verstießen) im Jahr 1226 zurück. In einem aschfarbenen Sack gekleidet führte er die Prozession mit den Kardinälen und 60 Bischöfen zur Kapelle des Heiligen Kreuzes an. 

Nach den Grauen Büßern gründeten sich die Bruderschaften der schwarzen, weißen, blauen, violetten und roten Büßer mit entsprechenden Farben ihrer Kleider. Die sich selbst gestellten Aufgaben der Bruderschaften sind unterschiedlich, Anbetung und Wohltätigkeit, Prozessionen, Pflege Kranker, Bestattungsgottesdienste, Hilfe für Gefangene usw. . Es sind immer Zivilisten, die der katholischen Kirche treu sind und in örtlichen Bruderschaften zusammengefasst sind. 


In der Nähe der Chapelle Sainte Croix
in der Rue des Teinturiers
am Canal de Vaucluse:
Die Stadt ist voller Festival-Besucher und Touristen















(27) Chapelle des Penitents Blanc

Errichtet wurde die Kirche im 14. Jahrhundert als Notre-Dame-la-Principale. In der Französischen Revolution wurden der Chor und der Glockenturm zerstört. Nach der Revolution, als Frankreich wieder ein Königreich war, übernahm die Mitte des 16. Jahrhunderts gegründete Bruderschaft der Weißen Büßer die Kapelle und blieb dort bis zu ihrem Aussterben 1948. Seit den 1960er Jahren ist die Kirche ein Veranstaltungssaal des Avignon Festivals. 


(20) Chapelle de la Visitaition

Auch als "Kapelle Mariä Heimsuchung" oder "Kapelle des Allerheiligsten Sakraments" bezeichnet.  Kirche des 1621 gegründeten Klosters der Visitandien. Der weibliche Orden wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Frankreich gegründet. Seine Aufgabe war, Kranke und Arme zu besuchen. 



(21) Chapelle de la Italie

Das Kirchengebäude steht neben der Kapelle der Heimsuchung, nur eine schmale Gasse ist dazwischen. Heute ist es ein zeitgenössisches Theater, in dem über die Festival-Zeit hinaus das ganze Jahr unterschiedliche Künstler und Musiker auftreten. 


Die Kirche wurde als Notre Dame de la Conversion (Unsere liebe Frau der Bekehrung) für die „Congregation des Hommes“ errichtet. In den 1950er Jahren übernahm die italienische Gemeinde die Kirche, die daraufhin den Namen Kirche der Italiener erhielt. Seit 2021 bespielt ein Künstlerkollektiv die Räume. 


(22) Cloitre des Carmes

Das Kloster der Karmeliter wurde im 13. Jahrhundert begründet. Die Kirche war damals die größte in Avignon.

 

Die Karmeliter, Orden der Brüder der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel, sind ein Bettelorden, der um 1150 im Karmelgebirge gegründet wurde (hebräisch kerem’el – Weinberg Gottes, in der Nähe von Haifa in Israel). Im 15. Jahrhundert entstand ein weiblicher Zweig, die Karmeliterinnen. 

In der Französischen Revolution entging das Kloster dem Abriss, weil die Klosterkirche in der Französischen Revolution ein Versammlungsraum und Sitz des Jakobiner-Clubs von Avignon wurde.  


Club de Jacobins, Jokobiner-Klub, auch als „Gesellschaft der Freunde der Verfassung“ oder „Gesellschaft der Jakobiner, Freunde der Freiheit und Gleichheit“ bezeichnet, war in der Französischen Revolution der einflussreichste politische Club. Einer der Anführer war Maximilien Robespierre. 1794 wurde der Club geschlossen, nachdem der Nationalkonvent Robespierre hinrichten ließ. 

Das Kloster wurde zu Wohnhäusern umgebaut, die Anfang des letzten Jahrhunderts für die Restaurierung des Klosters geräumt und rückgebaut wurden. 

Kreuzgang des Klosters

Anfang des 19. Jahrhunderts übernahm die katholische Kirchengemeinde Saint-Symphorien, deren Gotteshaus zerstört war, die Kirche und übertrug den Namen auf die Klosterkirche. 

Eingang der Kirche

Kirchenraum 

Im Kloster finden seit 1967 jedes Jahr Veranstaltungen im Rahmen des Avignon-Festivals statt. 

Der Platz neben dem Kloster, Place des Carmes, war früher der Friedhof des Karmeliter-Klosters. 


In der Nähe des Place des Carmes:
Streetart des italienischen Künstlers Andrea Ravo Mattoni  für das Avignon Festival,
"Gilles", in Anlehnung an ein Gemälde des französischen Malers Jean-Antoine Watteau (gemalt 1721). Gilles ist eine Figur aus der italienischen Kunstkomödie (Volkstheater). 






(23) Glockenturm des Augustinerklosters

Von dem in der Papst-Zeit gegründeten Klosters der Augustiner ist nur noch der Glockenturm von 1377 geblieben. Das Kloster selber wurde in der Französischen Revolution abgerissen. 

Der erhaltene Glockenturm 
in der Rue de la Carreterie
gegenüber dem Place des Carmes


(24) Tour Saint-Jean

Der Turm am Place Pie ist nach dem Kloster des Johanniter-Ordens benannt, wurde aber erst angelegt, als die Johanniter das Kloster schon verlassen hatten. Gegründet wurde das Kloster ursprünglich von den Templern. Als deren Orden verboten wurde, übernahmen die Johanniter 1312 die Klostergebäude. 


Der Templerorden war ein geistlicher Ritterorden, der 1118 im Königreich Jerusalem gegründet wurde und direkt dem Papst unterstand. Auf Druck des französischen Königs wurde der Orden 1312 von Papst Clemens V. aufgelöst. 1314 starb der letzte Großmeister des Templerordens auf dem Scheiterhaufen.

 

Die Templer waren während der Kreuzzüge reich geworden. Der französische König war der größte Schuldner des Ordens. Mit dem Verbot des Templer-Ordens wurde er seine Schulden los und konnte auch noch das beträchtliche Vermögen in Frankreich einkassieren, obwohl es vom Papst den Johannitern zugesprochen worden war. 


Der Orden Hospitaliter des Heiligen Johannes von Jerusalem, auch als Johanniter-Orden bezeichnet, entstand nach der Eroberung Jerusalems im ersten Kreuzzug 1099. Nach dem Untergang des Kreuzfahrerstaates übersiedelte der Orden nach Rhodos und 1530 nach Malta, seitdem wird der Johanniter-Orden auch als Malteser-Orden bezeichnet. 

Die Klosterkapelle behielt der Johanniter-Orden bis 1793 (Französische Revolution). Das Kloster wurde im 14. Jahrhundert Kardinalssitz. Erst unter Kardinal Nicolas de Besse (1322 – 1369), ein Neffe Papst Clemens VI., wurde der Turm hinzugefügt. 1793 wurde das Kloster eine Kaserne, später eine Schule und Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen, um den Place Pie zu erweitern. 



(26) Basilika Saint-Pierre

Begonnen wurde der Kirchenbau im 10. Jahrhundert und erst nach 400 Jahren wurde er abgeschlossen. Der Glockenturm kam dann Ende des 15. Jahrhunderts dazu und wurde zusammen mit einer Kirchenerweiterung fertiggestellt. Und noch später wurde die Fassade Anfang des 16. Jahrhunderts ausgestaltet. 





Interessant sind die aus Nussbaumholz gefertigten Kirchentüren von 1551.  
Die linke Tür zeigt den heiligen Hieronymus (Kirchenlehrer, 4./5. Jahrhundert), dem ein Löwe zu Füßen liegt, und den Erzengel Michael (besiegt den Teufel in Gestalt eines Drachens) mit dem Schwert in der Hand, der den Drachen tötet. 
Auf dem rechten Flügel ist die Verkündigung an Maria (die Geburt eines Sohnes) durch den Erzengel Gabriel (er gilt in der christlichen Lehre als Bote Gottes) dargestellt. 




Am Place Nicolas Saboly in der Nähe des Rathausplatzes:
Zugemauerte Fenster sind die Leinwand zweier Künstler in Avignon (Marion Pochy und Dominique Durand) mit Szenen des Avignon-Festivals. Begonnen haben sie damit Mitte der 1980er Jahre. 
Die zugemauerten Fenster entstanden in einer Zeit, als die Gebäudesteuer auf die Anzahl der Fenster erhoben wurde (in Frankreich bis 1926).









In der Nähe von Saint-Pierre:
Rue des Marchands, eine der vielen kleinen Straßen in der Altstadt.
















 

Und noch einige andere Gebäude 

(16) Aumone générale d‘Avignon

„Allgemeine Wohltätigkeit“ ist der Name des U-förmigen Gebäudes mit Außenarkaden an der Rue des Lices, das Ende des 15. Jahrhunderts vom Stadtrat errichtet wurde. Es war ein Hospiz für bedürftige Männer und Frauen. „Frauen mit schlechtem Leben“, waren in einem gesonderten Flügel untergebracht, der zusammen mit einer Kapelle Ende des 19. Jahrhunderts zerstört wurde. 

Das ehemalige Hospiz mit viel Festival-Reklame davor


(18) Wassermühlen am Canal de Vaucluse

Die Rue des Teinturiers ist die Straße der Färber am Canal de Vaucluse, der Wasser des Flusses Sorgue in die Stadt bringt. Vier Wasserräder bezeugen heute noch den Boom der Textilindustrie zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert, die sich am Kanal ansiedelte. 

Eines der Wasserräder am Kanal

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte die Herstellung von Indiennes in der Rue des Teinturiers Konjunktur. Indiennes waren mit gravierten Druckplatten bedruckte Stoffe u.a. für Wandbehänge.  1840 arbeiteten in 19 Fabriken fast 1000 Arbeitern. Die Bezeichnung Indiennes (Indianer) entstand, weil solche Stoffe ursprünglich aus Indien bezogen wurden. 

Jetzt sind hier im Schatten großer Ulmen viele kleine Cafés und Restaurants und Stände mit Kunsthandwerk und Schmuck. 

(25) Markthalle Les Halles

Das Besondere der Markthalle von Avignon (Bau von 1972) ist ihre zum Place Pie hin begrünte Fassade, die es seit 2005 gibt und die die Markthalle und die darüberliegende Parkgarage begrünt. Je nach Jahreszeit ändern sich die Farben der Pflanzen. 



An vielen Hausecken sieht man noch Madonnenfiguren, eine Erinnerung an die Zeit der Päpste in Avignon (hier in der Rue Saint Didier). Die Stadt, so heißt es, stehe unter dem Schutz der Madonna. Die sogenannte Hausmadonna soll das Haus und seine Bewohnter schützen.


Und noch eine Anmerkung zu Päpsten in Avignon

Châteauneuf-du-Pape

Die Päpste wohnten nicht nur im Papstpalast in Avignon. Papst Johannes XXII. ließ sich auf halben Weg nach Orange, in dem zum Papststaat gehörenden Comtat Venaissin, knapp 20 Kilometer nördlich von Avignon, ein Schloss als Sommerresidenz, Chateauneuf-du-Pape, bauen. Im 18. Jahrhundert verpachteten die Erzbischöfe von Avignon den Besitz an einen irischen Baron. Von dem Schloss ist nur noch eine Ruine erhalten. 

Ruine der ehemaligen päpstlichen Sommerresidenz Chateauneuf-du-Pape 
(Foto: Internet - gemeinfrei)

Johannes XXII. erwarb im damaligen Castrum Novum Calcernerii, dem heutigen Chateauneuf-du-Pape, vier Weinberge. Sie sollten der Versorgung der Kirchen mit Messwein dienen und auch den Weinkeller der Kurie füllen. 

Die päpstlichen Weinberge bildeten den Grundstock für das heute etwas über 3000 Hektar große Weinbaugebiet Chateauneuf-du-Pape, das auch Gebiete von Nachbargemeinden umfasst. Die Weinflaschen werden mit den gekreuzten Schlüsseln Petri und der Tiara, der Papstkrone, gekennzeichnet. Zu welchem Weingut die Weinberge des Papstes jetzt gehören, habe ich allerdings nicht herausfinden können. 

  

Safran der Päpste

Neben dem Weinanbau besorgten die Päpste auch den Anbau von Safran für die päpstliche Küche. Es galt als teuerstes Gewürz der Welt und ist auch immer noch teuer. Die Päpste ließen die Safran-Krokusse in der Region westlich von Avignon (Departement Vaucluse), am Fuß des Mont Ventoux anbauen. Vaucluse wurde zum größten Safran-Erzeugergebiet Frankreichs. Der Schwerpunkt war in Carpentras, auf halber Strecke zwischen Avignon und dem Mont Ventoux. Hier gab es im 17. Jahrhundert mehr als 160 Safranbauern. Im 19. Jahrhundert verschwand die Safranerzeugung fast vollständig. Im Vaucluse gibt es jetzt nur noch ein halbes Dutzend Safran-Bauern. 

Safran wird aus den Blütenfäden der Krokusse gewonnen. Um ein Kilogramm Safran zu erhalten, müssen die Stängel aus 150.000 Blüten von Hand herausgezupft werden. Safran-Krokusse sind  aus einer Krokus-Mutation entstanden und vermehren sich nicht über Samen, sondern nur vegetativ durch Brutzwiebeln (die kleinen Tochterzwiebeln, die sich an der Mutterzwiebel bilden).

 

Abschluss im Ma Belle Cousine in der Rue Felix Gras










 











Der Abschluss dieses Reiseberichts ist der nächste Beitrag mit der Fahrt durch Lavendel-Felder nach Avignon und dem Ausflug zur Pont du Garde.


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