Fahrradreise
nach Löwenberg in Schlesien
Juli 2014
Meine Mutter erzählte mir von ihrer Flucht und Vertreibung
während des Kriegsendes 1945. Vor der russischen Front flüchteten sie in das Sudetengebirge und kehrten nach
Durchzug der Front wieder nach Plagwitz (Kreis Löwenburg in Niederschlesien) zurück. Als das Gebiet von Polen
übernommen wurde, flüchteten sie zunächst zu
Fuß nach Görlitz und kehrten wieder
zurück, bis sie endgültig vertrieben
wurden und mit Eisenbahnwaggons nach Harsum und dann nach Giesen bei
Hildesheim kamen.
Als meine Mutter 2011 starb entstand die
Idee, den Fluchtweg nach Görlitz auch zu Fuß nachzuwandern. Daraus wurde
dann der Plan einer
Radfahrt von Berlin nach Plagwitz bei
Löwenberg in Schlesien (heute Plakowice, Ortsteil von Lwówek Śląski
in der Województwo Dolnośląskie/Woiwodschaft Niederschlesien)
im Jahr 2014.
Acht Tage war
ich unterwegs:
17. Juli Bahnfahrt
Berlin - Erkner
Radtour Erkner - Frankfurt/Oder
18.
Juli Frankfurt/Oder
- Guben
19.
Juli Guben - Bad
Muskau
20.
Juli Bad Muskau - Görlitz
21.
Juli Görlitz -
Löwenberg
22.
Juli Plagwitz ,
Löwenberg und Umgebung
23.
Juli Löwenberg - Görlitz
24.
Juli Görlitz
- Cottbus mit dem Rad, Bahnfahrt bis Berlin
1.
Tag: Erkner - Franktfurt/Oder
17. Juli
90 Kilometer
In Erkner begann
die Radtour, immer Richtung Osten.
In Erkner wurde ab 1909 der erste Kunststoff „Bakelit“ hergestellt.
Bakelit war der erste vollsynthetische, industriell hergestellte Kunststoff.
Gerhard Hauptmann, Dramatiker und Schriftsteller, lebte
von 1885 - 1889 in Erkner, danach wohnte er bis 1891 in der Schlüterstraße 78
in Berlin-Charlottenburg. 1862 in Schlesien geboren und 1946 dort gestorben
(Agnetendorf im Resengebirge). Beerdigt wurde er auf der Ostsee-Insel
Hiddensee. Er schrieb sozialkritische Dramen wie „Der Biberpelz“ und „Die
Weber“.
Der
Radweg war bis auf Ausnahmen gut. Am Werlsee vorbei zur Spree. Im Spree-Tal an Fürstenwalde vorbei.
Am Oder-Spreekanal nach Norden, über
die Autobahn und dann nach Frankfurt/Oder.
Dort über die Grenze nach Slubice, bis zum Ende des 2. Weltkriegs die
östliche Vorstadt Frankfurts.
Die Grenze zu Polen merkt man nicht;
das gilt für alle durchfahrenen Orte an der Oder.
Frankfurt/Oder und Slubice
sind eher kleine Landstädte. Das Stadtzentrum von
Frankfurt/Oder gleicht einer
langgezogenen, verbreiterten Straße, von Plattenbauten
gesäumt (die Innenstadt wurde gegen Ende des 2. Weltkrieges fast völlig
zerstört). Wenig großstädtisch, nüchtern.
Übernachtung
im Hotel Horda. Sehr gut, aber etwas am östlichen
Rand der Stadt Slubice gelegen.
2.
Tag: Frankfurt/Oder – Guben
18. Juli
85 Kilometer
Entlang der Oder Richtung Süden.
Oft auf dem Oder-Damm entlang. An Bieskow-Finkenherd vorbei.
Hier
war bei dem 1997er Hochwasser der Damm gebrochen und der ganze Oder-Bogen wurde
überflutet. Davon ist nichts mehr zu sehen.
Vorbei
an Fürstenberg,
zu Eisenhüttenstadt gehörend (als
erste „Sozialistische Wohnstadt“ der DDR entstanden, 1953 in Stalinstadt
umbenannt, Eisenhüttenkombinat).
Unterwegs
ein Abstecher zum ehem.
Zisterzienser-Kloster Neuzelle.
Neuzelle ist eine bedeutende, barocke
Klosteranlage in Brandenburg. Im 13. Jh. von dem Haus Wettin (eines der
ältesten deutschen Adelsgeschlechter) gestiftet, um das Siedlungsgebiet der
Sorben zu christianisieren. Das Mutterkloster
war Altzella (Celle in
Niedersachsen).
Zum Grundbesitz des
Klosters gehörten 30 Dörfer, so auch Fürstenberg. In der Reformationszeit war
Neuzelle eine katholische Insel inmitten der protestantisch gewordenen Gegend.
In Folge des Wiener Kongresses kam Neuzelle zu Preußen (Sachsen musste seine nördlichen Landesteile abtreten).
1817 wurde das Kloster säkularisiert.
1996 gründete das Land Brandenburg eine Stiftung zur Erhaltung der
Klosteranlage. Zum 750-jährigen Jubiläum 2018 sollen wieder Mönche angesiedelt werden.
Die Wiederbesiedlung soll von der Zisterzienser-Abtei Heiligeskreuz in
Österreich erfolgen.
Bekannt ist die Klosterbrauerei
Neuzelle, die auf die 1598 gegründete Klosterbrauerei zurückgeht. Bier
wurde von den Mönchen schon 1416 gebraut.
Bei Ratzdorf verläßt der Radweg die Oder und
folgt der Neiße.
Ankunft
am Nachmittag in Guben.
Die Strecke - und alle anderen - waren alle gut bis zum Nachmittag zu
bewältigen (mit Ausnahme der Schluss-Strecke, s.u.). Aus Guben und der polnischen Nachbarstadt Gubin ist
nicht viel zu berichten.
Die Neiße, auch Lausitzer oder Görlitzer
Neiße, entspringt im Isargebirge in Tschechien. Sie bildet seit Ende des 2.
Weltkriegs mit der Oder die Ostgrenze Deutschlands zu Polen. Ein weiterer Fluss Neiße, die Glatzer Neiße,
entspringt in den Sudeten an der polnisch-tschechischen Grenze und mündet
ebenfalls in die Oder.
Zum
Kriegsende war nicht klar, ob die Görlitzer Neiße oder die weiter östlich fließende Glatzer Neiße die
künftige Westgrenze Polens bilden würde. Viele Schlesier, auch meine Mutter,
hofften, dass es die Glatzer Neiße würde. Sie wurden enttäuscht und mussten ihr
Land endgültig verlassen.
Guben hieß von 1961 bis zur Wende 1990
Wilhelm-Pieck-Stadt (Pieck war SED-Vorsitzender und erster und einziger
Präsident der DDR, bis 1960). Der frühere östliche Stadtteil ist heute die
polnische Stadt Gubin.
Übernachtung
in Hermann`s Stilhotel. Ein renovierter Altbau mit großem
Zimmer, aufgearbeiteten Alt-Möbel und modernem Bad.
3.
Tag: Guben - Bad Muskau
19. Juli
70 Kilometer
Auf
dem Oder-Neiße-Radweg weiter Richtung Süden. Durch Forst
in der Niederlausitz.
Der Radweg verlief meistens auf dem Neiße-Damm.
Der Ursprung von Forst ist ein sorbisches
Dorf am Übergang über die Neiße.
Ab dem 15. Jh. spielte das Tuchmacherhandwerk eine wichtige Rolle.
Tuchmacher aus den Niederlanden und aus Schlesien siedelten sich an. Durch die
Herstellung von Buckskin ((ein gewalktes Streichgarngewebe, Streichgarn ist aus
ungekämmter Wolle, durch Walken wird das Gewebe verfilzt) wurde Forst um 1840
eine der bedeutenden Textilstädte, das „deutsche
Manchester“.
In Forst besteht seit 1913 der Ostdeutsche Rosengarten mit 800
Rosensorten.
Die Niederlausitz hatte ursprünglich eine sorbische Bevölkerung. Die
Bezeichnung Lausitz kommt aus dem Slawischen und bedeutet Sumpfland.
Im Ostfrankenreich
gehörte das Gebiet ab 965 zur Grenzmark
Lausitz bzw. der Ostmark. Die
Markgrafschaft wurde Teil der böhmischen Krone und danach des Kurfürstentums Sachsen. In Folge des
Wiener Kongresses kam die Markgrafschaft Niederlausitz mit dem nördlichen Teil des Königreichs Sachsen zu Preußen.
Der
Spreewald ist die nördliche Grenze der Niederlausitz,
ursprünglich reichte sie bis zum Berliner Müggelsee. Teile der Niederlausitz
gehören heute zu Polen (bis zum Bober) und zum Bundesland Brandenburg (Cottbus,
Luckau, Lübben). Südlich der Niederlausitz schließt sich die Oberlausitz an (mit den Orten
Bautzen, Görlitz, Zittau, Niesky, Bad
Muskau im Bundesland Sachsen und Lauban
in Polen).
In Bad-Muskau war
Zeit zum Durchradeln des Landschaftsparks, den Fürst Pückler-Muskau ab 1815
anlegen ließ, bevor er 1845 aufgrund finanzieller Schwierigkeiten Muskau
verkaufen musste und nach Branitz
übersiedelte. Der Park liegt weitgehend auf der Ostseite
der Neiße auf dem Gebiet der polnischen Stadt Leknica. Auf
dem Friedhof in Bad Muskau ist das Grab von Machbuba. Sie war eine junge Sklavin,
die Pückler 1837 in Kairo kaufte und die 1840 15-jährig in
Bad Muskau starb.
Fürst Pückler wurde 1785 auf Schloss Muskau geboren und starb 1871 auf Schloss Branitz. Muskau war die größte der Freien
Standes-herrschaften (unabhängige Herrschaft innerhalb des Heiligen Römischen
Reiches) in der Oberlausitz. In Preußen (ab 1815, s.o.) gehörte Pückler zu den 15
größten Landbesitzern. Trotzdem verschuldete er sich so, dass er Muskau
aufgeben musste.
Er zog nach Branitz, das Familienbesitz der Pückler war. Muskau
gehörte der Familie seiner Mutter, Gräfin von Callenberg.
Von Reisen durch England
brachte er die Idee des Englischen Landschaftsparks
mit nach Muskau. Da der Boden schlecht war, musste er Mutterboden mit
Ochsenkarren aus weiter entfernten Gebieten heranschaffen. Auch die
Verpflanzung ausgewachsener Bäume war kostspielig. Um den Park zu vergrößern
setzte er eine Ortschaft vom rechten auf das linke Neiße-Ufer um.
Neben den Parks in Muskau und Branitz gestaltete Pückler u.a.
auch den Park des Schlosses Babelsberg in Potsdam.
Er war nicht nur berühmter
Gartengestalter sondern auch Schriftsteller und Weltreisender. Von einer seiner
Reisen brachte er die Sklavin Machbuba (eine Äthiopierin) mit, die auf dem
Friedhof von Muskau begraben liegt.
Übernachtung
im Ringhotel Kulturhotel Fürst Pückler Park. Sehr gut.
4.
Tag: Bad Muskau – Görlitz
20. Juli
75 Kilometer
Immer
entlang der Neiße (deutsch
Lausitzer Neiße, polnisch Nysa Luzycka). Durch Rothenburg/O.L. (Oberlausitz),
eine mittelalterliche Stadt - aber bei weitem nicht mit Rothenburg ob der
Tauber zu vergleichen. Vorbei an dem Abenteuer-Freizeitpark Kulturinsel Einsiedel.
Ein schöner Abstecher, wenn man mit Kindern unterwegs ist und viel Zeit hat.
Am
Nachmittag war Görlitz erreicht.
Diese Wegstrecke war ein wenig Vorbereitung auf die nächste Tagesetappe. Hier
konnte man nicht nur an den Neiße-Staustufen und Wehren erkennen, dass es flussaufwärts
ging.
Görlitz ist
eine wirklich
schöne Stadt geworden. Im
2. Weltkrieg fast völlig unzerstört, sind zahlreiche Bürgerhäuser erhalten
geblieben. In der DDR-Zeit waren die aber vernachlässigt und
heruntergekommen.
Nach
der Wende wurden die fast 4000 Baudenkmäler
größtenteils restauriert. U.a. mit einer Millionen-Spenden eines ungenannten
Förderers der Stadt. Seit 1995 wurden jedes Jahr 1 Million DM bzw. rund eine
halbe Million EUR an die Stadt überwiesen, 2016 ging die letze Rate ein. Und natürlich
ist auch Bundes- und EG-Förderung in Wiederaufbau und Sanierung geflossen. Das
hat sich gelohnt. Schöne Plätze und sehr schön wiederhergestellte Gebäude.
Viele Touristen und gute Gastronomie.
Aber
auch in Zgorzelec,
die Nachbarstadt in Polen am anderen
Neiße-Ufer, früher ein Stadtteil von Görlitz, wird
saniert und aufgebaut. Insbesondere am Neiße-Ufer kann man abends schön sitzen
und essen.
Ich
kam gerade rechtzeitig zum „Schlesischen Tippelfest“, ein Jahrmarkt mit vielen Ständen
hauptsächlich Lausitzer Töpfereien. Zu Abend habe ich natürlich in der
polnischen Schwesterstadt Zgorzelec gegessen.
Lausitzer Keramik wird wie die Bunzlauer Keramik mit
Schwämmeltechnik hergestellt. Auf helles Feststeinzeug (auch Böttgersteinzeug, - Material, aus dem auch Keramikfliesen hergestellt werden)
werden mit in Schwämme geschnittenen Mustern Ornamente aufgetragen. Die Farbe
ist typisch blau, aber auch bunt gemustert. Beim Bunzlauer Geschirr ist das
Pfauenauge-Muster typisch.
Übernachtung
im Hotel AltGörlitz in
einem renovierten Altbau, sehr schön zurechtgemacht.
5.
Tag: Görlitz - Löwenberg (Lwowek Slaski)
21. Juli
75 Kilometer
Ab
Görlitz ging es Richtung Osten auf dem Europaradweg
ER 4.
Es war die schwierigere Strecke, da die Gegend recht hügelig ist. Zwischen
Neiße und Bober sind mehrere Täler und Hügel. Vorbei an Grunow
(Gronow) und Hennersdorf
(Henrykow). Auf halber Strecke lag Lauban
(Luban) an der Queis (Kwisa). Es ging es weiter über Seifersdorf
(Msciszow), Cunzendorf
(Niwnice) und Hartelangenvorwerk
(Radlowka) nach Löwenberg
(Lwowek Slaski). Etwas
nörlich liegt Braunau
(Brunow). Dort habe ich übernachtet.
Noch
am späten Nachmittag fuhr ich von Braunau zum Ortsteil Ober
Weinberg/Luftenberg. Von
hier stammt mein Großvater
Richard Hütter. Hier hat auch der Cousin meiner Mutter, Onkel Richard,
gewohnt und gearbeitet. Die Hanke(?)-Mühle gibt es noch. Aber nach Auskunft des
Nachbarn, der in dem ehem. Verwaltungsgebäude (?) eine Zimmervermietung
hat, ist sie nicht mehr in Betrieb. In der Nähe stehen einige gut erhaltene
bzw. wiederaufgebaute Häuser. Eines müsste
das Hütter-Haus sein.
Übernachtung
im Hotel Palac Brunow.
Eine wiederaufgebaute/sanierte
Palastanlage, in der wohl hauptsächlich an Wochenenden Feste und Hochzeiten
gefeiert werden. Große Hochzeiten werden in Polen mit 100 und mehr Gästen
gefeiert.
6.
Tag: Löwenberg, Plagwitz und Umgebung
22. Juli
Zuerst habe ich mir Löwenberg
angesehen. Die
Stadt liegt im Hirschberger Tal der Sudeten, zu Füßen des Riesengebirges.
Der
Bober (Bobr) durchfließt das Hirschberger
Tal und mündet in der Oder. Der Hauptort des Tals ist Hirschberg
(Jelenia Gora). In Stonsdorf bei
Hirschberg (Staniszow) wurde vor dem 2. Weltkrieg der gleichnamige Kräuterlikör
hergestellt (heute grhört die Marke zur Berentzen-Gruppe in Haselünne im Emsland).
In WIKIPEDiA werden rd. 50 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser
aufgezählt, die in dem Hirschberger Tal sind. Auch Agnetendorf (Jagniatkow) ist in der Nähe von Hirschberg. Hier ließ
sich Gerhart Hauptmann 1900 sein Haus Wiesenstein bauen, in dem er 1946 starb.
Im 2. Weltkrieg wurde fast die Hälfte
der Stadt Löwenberg zerstört. Und nach dem Krieg wurden rd. 80 % der Altstadt
eingeebnet und durch Neubauten ersetzt, um eine „Sozialistische Stadt“ zu erhalten. Die Stadtbeschreibung
der Stadtverwaltung weist zwar auf die Kriegszerstörung hin. Der spätere
Flächenabriss wird aber nicht erwähnt.
Auch ist die offizielle Beschreibung bemüht, die traditionelle Zugehörigkeit zu Polen herauszustellen.
So gehe die Gründung auf eine slawische Siedlung zurück. Das ist richtig. Dann wurde Schlesien bis zu
ihrem Aussterben von den polnischen Piasten, später von der schlesischen Piasten-Linie als
Herzogtum Schlesien regiert (nach der Aufteilung Polens unter den Söhnen von
Boleslaw III. „Schiefmund“ im Jahr 1138). Mitte des 14. Jh. kam Schlesien durch Vertrag zwischen Polen
und Böhmen zum Königreich Böhmen, das zum Heiligen Römischen Reich gehörte.
Ab 1516 gehörte Böhmen zur Habsburger Herrschaft. 1740 besetzte
Preußen (Friedrich der Große) im ersten Schlesischen Krieg Schlesien und 1942 musste Böhmen Schlesien an Preußen
abtreten.
In
der Innenstadt von Löwenberg blieben unter polnischer Regie nur
das Rathaus und einige Gebäude am Rand der Altstadt vom Abriss verschont.
Die Stadt ist aber nicht zu vergleichen mit einem Besuch dort vor rd. 25
Jahren. Damals sah die Stadt heruntergekommen aus. Inzwischen ist viel getan
worden, auch mit EG-Hilfsgeldern. Man sieht öfter die Hinweistafeln mit den
EG-Sternen (übrigens auch in Lauban).
Erhalten geblieben sind
neben dem Rathaus aus dem 16. Jahrhundert, große
Teile der Stadtmauer und der Laubaner und der Bunzlauer Stadtturm, die Pfarrkirche
Mariä Himmelfahrt (15./16. Jahrhundert). Ebenso das Palais des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen (1850–1852
nach Entwürfen von Friedrich
August Stüler im
Stil der Neo-Renaissance erbaut), das ich aber nicht gesehen habe (beim
nächsten Mal!).
Die Bevölkerung
ist wohl eher arm. Nur ein kleiner reicher Mittelstand kann sich die großen
Feste wie im Palac Brunow leisten. Auf der anderen Seite versuchen die Leute auf
dem Kleinmarkt mit ein paar Gurken, Zwiebeln, selbstgemachter Jogurt, im Wald
gesammelten Pilzen und Blaubeeren ein paar Zloty zu verdienen. Auch eine Armen-Versorgung
mit sehr viel Menschen davor habe
ich gesehen.
Dann
ging es nach Plagwitz
(Plakowice), heute
Teil von Löwenberg, dem Heimatdorf meiner Mutter. Ich war dort mit meiner
Mutter vor Jahren schon zweimal. Aber ich habe mich natürlich nicht mehr ausgekannt
und bin zuerst kreuz
und quer gefahren.
Bis
ich das Schloss (aus dem 15.
Jahrhundert, vor dem 2. Weltkrieg als Heil- und Pflegeanstalt genutzt) fand. Dort
traf ich einen netten Australier, der dort mit seiner Frau ein christliches Missionswerk leitet. Das Missionswerk hat das
Schloss gekauft, nachdem es vor dem Verfall stand. Fenster, Türen, alles
Bewegliche war ausgebaut worden. Inzwischen ist das Gebäude ordentlich
renoviert worden und beherbergt u.a. eine christliche
Jugendbegegnung für ganz Polen. Auch eine Küche
für Schüler des Dorfes, die kein Mittagessen haben.
Der
Leiter des Missionswerkes hat mir dann die Richtung zum Ortsausgang nach Hövel (Dworek) gezeigt. Nach mehrmaligem Fragen habe ich das Haus meiner Mutter entdeckt.
Ich hatte Fotos des Hauses von damals mitgenommen. Es steht noch, ist nach unserem
letzten Besuch noch etwas verändert worden, hat einen schönen, große Garten.
Die Bewohner habe ich nicht angetroffen.
 |
Das Haus meiner Mutter
|
Von
dort fuhr
ich weiter nach Hövel
(Dworek) (hier
standen bis zum 2. Weltkrieg die sog. Zwölf Apostel - geschnitzte Holzfiguren
als Bienenstöcke), Richtung Zobten
(Sobota) und dann zurück nach Löwenberg durch das Bober-Tal. Ursprünglich wollte ich auch noch
ein Stück Richtung Goldberg (Zlotoryia) bis nach Harpersdorf (Twardocice) fahren,
dem Heimatdorf meiner Großmutter mütterlicherseits (geb. Hänsch). Aber es war mir an dem Tag zu heiß.
Für
einen nächsten Besuch habe ich auch die „Löwenberger
Schweiz“, südlich
von Löwenberg im Bereich des Ortes Mois (Mojesz) vorgemerkt. Dort sind interessante Felsformationen.
Südwestlich von Löwenberg in Ober Görisseiffen (Ploczki Gorne) gibt es Achatfelder. Vielleicht finde ich ja
dort einen Achat-Stein.
Im Internet habe ich auch einen Hinweis gefunden, dass in
Plagwitz und Löwenberg Gold gewaschen
wurde. Bis ins 13. Jh. wurden in den Tälern von Bober und Katzbach
Goldwäschen betrieben, so in Liegnitz, Löwenberg, Plagwitz, Petersdorf,
Lauterseifen.
Übernachtung im Hotel Palac Brunow
7.
Tag: Löwenberg – Görlitz, 64 km
23. Juli
Dann
musste ich die Rückfahrt antreten,
i.w. auf der gleichen Strecke des
Europa-Radwegs ER 4, mit einigen Änderungen. Aus Lauban (Luban) bin
ich eine bessere
Strecke hinausgefahren. Das ersparte mir eine längere
Schiebestrecke. Auf der Hinfahrt hatte ich vor Lauban eine längere
schnelle Abfahrtstrecke und ich dachte mit Grauen an die Rückfahrt. Vor Görlitz
hatte ich auf der Hinfahrt den Einstieg in den Radweg ER 4 verpasst und musste
eine längere
Zeit neben der viel befahrenen Autostraße 30 fahren. Bei der Rückfahrt habe ich
das dann vermieden.
In Lauban
traf ich ein Ehepaar, er Franzose aus dem Grenzgebiet bei Karlsruhe, sie Polin
aus der Nähe von Lauban, die ihren Vater besuchten. Da sie gut deutsch sprach,
erfuhr ich, dass ihr Vater in der Nähe von Lauban 1943
geboren wurde. Seine Mutter war in der Zeit aus der Gegend von Krakau nach
Lauban zur Arbeit zwangsverpflichtet worden und ist dann nach Kriegsende dort
geblieben.
Zurück in Görlitz
konnte ich noch einmal einen Streifzug
durch die Stadt machen. U. a. habe ich mir die Oberlausitzer Gedenkstätte in Zgorzelec angesehen.
Übernachtung
wieder im Hotel AltGörlitz.
8.
Tag: Görlitz – Cottbus
24. Juli
115 Kilometer
Rückfahrt
nach Berlin quer durch die Oberlausitz.
Durch das wunderschöne Tal der Schöps, rüber nach Niesky (eine Gründung
der Herrnhuter Brüdergemeinde).
Die Herrnhuter
Brüdergemeinde ist infolge der Gegenreformation entstanden. Nach der
Verbrennung des böhmischen Reformators Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz 1415
entstand aus seiner Anhängerschaft heraus eine reformatorische Gruppe, die
Böhmischen Brüder. Wegen der Gegenreformation zogen Mitglieder der Böhmischen
Brüder auf das Gut des Grafen von Zinzendorf in der Oberlausitz. Außerhalb des
Gutes gründeten sie das Dorf Herrnhut. Einige Brüder zogen auch bis
Böhmisch-Rixdorf bei (heute in) Berlin.
Am Bärwalder See vorbei. Durch
Wälder mit Heidekraut, Heidelbeeren und Preiselbeeren - etwas zum Naschen
während der Pause.
Nördlich
vom Bärwalder See liegt das Großkraftwerk Boxberg.
Vorbei am ehemaligen Braunkohle-Tagebau (einer der
größten Tagebaue Deutschlands). Weißwasser (im
19./20. Jahrhundert ein Glasmacherort) liegt weiter im Westen.
In
der Lausitz sind alle Ortschilder
zweisprachig, Weißwasser heißt Bela Woda).
Richtung Spremberg (1914 Mittelpunkt des
Deutschen Reiches, es gibt aber unterschiedliche Berechnungsmethoden). Vor
Spremberg liegt das Industriegebiet „Schwarze
Pumpe“. Von Spremberg aus an der Talsperre
vorbei. Im Einfluss der Spree in die Talsperre sieht das Wasser deutlich
ocker/braun aus, durch die Aufnahme von Eisenoxid
aus den ehemaligen Braunkohle-Tagebauten. An der Sperrmauer sieht das Wasser schon wieder
heller aus, die Oxide haben sich großenteils in der Talsperre abgesetzt.
Von
Spremberg war es nicht mehr weit nach Cottbus.
2 Minuten vor Zugabfahrt war ich auf dem Bahnsteig und dann abends in Berlin. Von Cottbus und auch
von dem Pückler-Park und Schloss Branitz habe
ich dadurch nichts gesehen. Ein andermal.
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